Interview mit Clément Corbillé und Ludovic Mondésert, die 2019 eine „Tour de France“ im Segelflug absolvierten.

In unserer Serie TopMeteo-Piloten haben wir Clément Corbillé und Ludovic Mondésert, zwei französische Segelflieger, zum Thema Wandersegelflug interviewt. In der Tat haben die beiden Freunde im vergangenen Jahr eine LS6 für eine „Tour de France“ genutzt: der eine war Pilot und der andere war für das Auto und den Anhänger zuständig. Begeistert von ihren Erfahrungen möchten sie dieses Jahr gerne noch mehr erleben. TopMeteo freut sich, sie wieder zu begleiten.

Hallo, ich danke euch für dieses Gespräch. Könnt Ihr Euch bitte vorzustellen?

Clément: Mein Name ist Clément Corbillé, 22 Jahre alt. Ich bin Student im vierten Jahr an einer Ingenieurschule in Tarbes namens ENIT. Und was die Fliegerei betrifft habe ich schon sehr früh mit dem Segelfliegen begonnen, etwa 2010, denn mein Vater ist Segelflieger. Er leitet den Club von Graulhet namens ATVV (Association Tarnaise de Vol à Voile) in der Region Tarn (Südwestfrankreich). Seitdem bin ich viel geflogen, hauptsächlich Segelflug, und bin seit 3 Saisonen als Fluglehrer tätig. Ich habe etwas mehr als 1500 Stunden und fliege viel überland, hauptsächlich lange Flüge für das Netcoupe (der „französische OLC“, der im Wesentlichen auf kumulativen Streckenflügen basiert). Ich bin auch ein Wettbewerbssegelflieger. Ich habe schon viele Wettbewerbe geflogen, auch wenn sie nicht das sind, was ich bevorzuge. Mir gefällt diese Art von Flügen besser, die wir bei dieser „Tour de France“ gemacht haben, ich meine lange Flüge. Wir können auch sagen, dass wir beide in einem sehr aktiven Club junger Segelflieger engagiert sind, der aufstrebende Piloten aus dem Südwesten Frankreichs zusammenbringt. Er heißt SWAF (South West Air Force, es ist auch ein Homonym von „Soif“ auf Französisch und bedeutet Durst).

Ludo: Ok, also, ich bin 23 Jahre alt. Ich habe in Toulouse, im Club Bourg St. Bernard namens AVAT (Association Vélivole et Aéronautique Toulousaine), im Jahr 2012 mit dem Fliegen begonnen. Ich wollte schon immer Berufspilot werden, aber ich habe nicht mit der Ausbildung angefangen. Zudem entdeckte ich andere Berufe, so dass ich meine Meinung änderte und beschloss, Fluglotse zu werden. Ich werde bald meinen Abschluss machen. Seit einem Jahr arbeite ich in der Flugverkehrskontrollzentrale des CRNA Est (Centre en Route de Navigation Aérienne Est) mit Sitz in Reims (das den Luftraum im Nordosten Frankreichs verwaltet) und fliege im Club von Châlons-en-Champagn, der eigentlich die Segelflugweltmeisterschaft im August 2020 hätte ausrichten sollen. Ich fliege, immer wenn ich kann, über Land. Ich habe ein wenig an Wettbewerben teilgenommen, wie Clément: Zwei französische Juniorenmeisterschaften und einige regionale Wettbewerbe. Ich flog dort mit, nicht mit dem Ziel zu gewinnen, sondern eher, weil es interessant war und ich lernen konnte. Es war auch eine gute Gelegenheit, anderswo mit anderen Piloten zu fliegen und meine fliegerischen Fähigkeiten zu verbessern. Aber seit ich im letzten Sommer das Wandersegelfliegen entdeckt habe, indem ich mit Clément in Frankreich herumflog, weiß ich, dass es genau diese Form des Segelfliegens ist, die ich am liebsten mache. Das steht außer Frage.

Kannst Du uns mehr über Eure erste „Tour de France“ erzählen?

Clément : Wir planen eine solche Tour de France schon seit mehreren Jahren. Aber zwischen der Terminabstimmung und der Erfahrung, die wir vor dem Start sammeln wollten, konnten wir es erst im letzten Sommer in Angriff nehmen. Das Ziel war sowohl das Experimentieren mit neuen Dingen als auch die Entdeckung einer neuen Art von Fliegerei. Wir wollten andere Piloten auch dazu bringen, über Segelfliegen und Wandersegelfliegen zu sprechen. Wir wollten zeigen, dass man schöne Flüge machen kann und dass Segelfliegen nicht auf Aufgaben beschränkt ist, bei denen man jeden Tag zu seinem Startort zurückkehrt.

Ludo: Also machten wir uns auf den Weg: Wir flogen acht Etappen, jeder vier Flüge. Graulhet nach Sainte Foy la Grande im Südwesten, dann ging es hinauf nach La Roche sur Yon (Westfrankreich), nach Albert (Norden von Paris), Chalons en Champagne (Osten von Paris), Challes-Les-Eaux (nordwestlicher Teil der französischen Alpen), St. Crépin (zentrale französische Alpen). Der Flug, mit dem wir Brioude im Zentralmassiv erreichen wollten, endete bei der Überquerung des Rhonetals mit einer Außenlandung bei Montelimar. Also fuhren wir mit dem Auto nach Brioude. Schließlich flogen wir zurück nach Graulhet, um die Tour zu beenden. Insgesamt sind wir 3003 km geflogen.

Clément: Wir haben viele Leute getroffen. Jedes Mal wenn wir landeten wurden wir sehr herzlich empfangen. Darüber hinaus sprachen wir mit vielen Leuten aus verschiedenen Clubs, per SMS/WhatsApp oder am Telefon. Sie gaben uns Tips und Informationen über den Flugbetrieb und Schleppmöglichkeiten in ihren Clubs. Also ja, wir wurden sehr herzlich empfangen.

Zu welchen Zeitpunkten habt Ihr Eure Flüge im Voraus organisiert?

Clément: Es war so geplant, dass wir die Logistik bereit hatten. Wir hatten das Segelflugzeug, das Auto, den Anhänger. Für den Rest hatten wir eine Vorstellung davon, wohin wir fliegen wollten, welche Vereine wir besuchen wollten. Am Abend vor dem Flug dachten wir: „Okay, wir haben diese Wetterbedingungen vorhergesagt. Wir denken, dass wir dort und dort hinfliegen können. Auf dem Weg liegen als Alternativen weitere Flugplätze mit Vereinen und wenn es wirklich gut läuft, können wir weiter bis zum geplanten Flugplatz kommen“. So, jedes Mal auf diese Weise. Dann kontaktierten wir die Vereine, bei denen wir potenziell landen könnten. So konnten wir sichergehen, dass wir von diesen Flugplätzen wieder starten können. Dann, am Flugtag, je nach Gefühl des Piloten, blieben wir mit allen Alternativen und dem Ziel in Kontakt und passten aus Pilotensicht die Strategie an. Heraus kamen manchmal Flüge, die viel länger dauerten und weiter reichten, als wir uns vorher vorstellen konnten. Es war also nicht völlig vorhersehbar wohin es uns verschlägt, aber es gab einen Plan. Wir waren nie 100% sicher, wo wir landen würden. Aber es funktionierte ganz gut.

Ludo: Der Wetteranalyse-Teil war für uns wichtig. TopMeteo hatte uns bereits gesponsert. So schauten wir uns die Wettervorhersage und ihre Entwicklung für die zwei oder drei Tage im Voraus an, um das Bestmögliche für die Anschlußflüge zu planen. Das half uns, einen „großen Plan“ zu entwerfen. Am Vortag haben wir noch einmal die Vorhersage mit dem Plan abgeglichen und dabb natürlich noch einmal kurz vor dem Start. Wir waren von dem Ergebnis angenehm überrascht. Der aus den Vorhersagen abgeleitete Plan passte gut zu den Ereignissen. Ich erinnere mich an den Flug von Albert nach Châlons, über Boulogne sur Mer. Wir hatten gesehen, dass es auf dem Rückflug von Boulogne sur Mer Ausbreitungen auf der Strecke geben würde. Und es war genau wie geplant: Ich hatte eine Weile zu kämpfen, aber glücklicherweise besserte sich das Wetter hinter Albert wie geplant.

Clément: Wir haben den Service wirklich gut genutzt. Im Club schauen wir uns nur selten die Vorhersagen an, die mehr als 200 km von unseren Standardstrecken entfernt sind. Auf Tour haben wir dann einen Großteil der mitteleuropäischen und französischen Karten genutzt, um das Wetter einzuschätzen. Auch wenn wir eine tolle Woche hatten, waren wir immer den schlechteren Wetterbedingungen voraus. Wir mussten also wirklich vorplanen. Zum Beispiel für den Flug nach Albert: Wir wussten, dass in der Normandie für die nächsten Tage kein gutes Wetter zu erwarten war. Also mussten wir weiter hinauf fliegen und uns Albert (Nordfrankreich) als Ziel wählen. Und in der Tat hätten wir sicherlich viel Zeit verloren, wenn wir weiter südlich gelandet wären.

Was hat Euch beim Wandersegelfliegen am meisten überrascht?

Ludo: Der wirklich interessante Teil war, sehr schnell an viele Orte in Frankreich zu fliegen. Deshalb haben wir in wenigen Tagen viele verschiedene Wetterräume kennen gelernt. Wir flogen von der Ebene in die Berge. Und selbst zwischen zwei verschiedenen Flachland-Gebieten herrschten nicht die gleichen Bedingungen: Man fragt sich, welchen Spielraum man aufgrund der lokalen Besonderheiten noch hat. Ich erinnere mich an den Flug zwischen Challes und St. Crépin (in den Alpen), ich war schon ziemlich oft in den Pyrenäen geflogen, ein bisschen in St. Auban, aber ich glaube immer noch nicht, dass ich viel Bergflugerfahrung habe. Es war interessant zu sehen, wie viel wohler ich mich im Flachland fühle (lächeln).

Clément: Die andere Sache ist, dass wir nicht zum Ausgangspunkt zurückkehren mussten, so dass sich viele Möglichkeiten eröffneten. Wenn wir abends nach Hause fliegen müssten würden wir uns bei einem Wetter, das uns mehr oder weniger substanzlos erscheint, nicht so weit weg wagen. Während der „Tour de France“ hatten wir den Zwang, uns vorwärts zu kämpfen. Wir wussten ja, dass bei einer Außenlandung das Auto kommen würde, um uns zurückzuholen, egal was passiert. Nun, es erlaubte uns, das Wetter zu erkunden, das uns auf den ersten Blick nicht sehr einladend erschien, und schließlich stellten wir fest, dass diese schwierigen Wetterbedingungen doch fliegbar waren. Was die Erweiterung des Thermikhorizontes betrifft, war es also großartig. Zum Beispiel der Flug von La Roche sur Yon nach Albert: als am Ende der Himmel völlig grau war, kontaktierten wir Albert, um zu melden, dass ich bald ankommen würde. Sie glaubten es nicht. Es regnete dort!

Ludo: Als ich ihnen sagte, dass wir auf ihrem Flugplatz landen wollen, haben sie gelacht! Sie sagten: „Das schaffst du nie, das ist nicht möglich.“

Clément: Das Wandersegelfliegen eröffnet also neue Perspektiven. Es erlaubt uns, Flüge zu machen, die wir nie machen würden, wenn wir am Starort wieder landen müssten.

Habt ihr TopMetSat ausprobiert?

Ludo: Ja, auf dem Flug nach Albert haben wir uns die Satellitenbilder angesehen. Mit dem Loop-Modus. Wir konnten sehen, wie die Regenfront weiterzog als Clement nach Norden flog. Es war gut, diese Bestätigung zu haben.

Was ist euer Lieblingsprodukt von Topmeteo?

Clément: Aus meiner Sicht beginne ich gerne direkt mit der PFD-Karte (Potential Flight Distance), nur um eine Idee zu haben, ob der Tag gut sein wird oder nicht… Dies gibt mir einen ersten und einfachen Überblick. Danach überprüfe ich natürlich die Details in den verschiedenen Karten. Meine Tipps: Ich benutze die PFD für die 18-Meter-Klasse, auch wenn ich in der Clubklasse fliege. Es interessiert mich zu wissen, welche Sektoren besser sein werden, und ich finde, dass die PFD auf der 18-Meter-Karte mehr Kontrast hat.

Ludo: Ebenso benutze ich zuerst die PFD und nehme mir dann die Thermikkarten und die Karten mit der Wolkenverteilung vor, um zu prüfen, „woher“ die PFD „kommt“. Und wenn ich dann eine Vorstellung davon habe, wohin ich fliegen möchte, schaue ich mir die Flugplätze auf der Strecke genau an. So sehe ich die zu erwartenden Bedingungen an dem Zeitpunkt, an dem ich denke, dass ich dort sein werde.

Und wenn Ihr einen Vorschlag für die nächste Entwicklung bei TopMeteo nennen könnt, was würdet ihr Euch wünschen?

Clément: Ah, ich habe eine Sache. Es wäre schön, eine Wellenprognose zu haben. Ich fliege nicht oft Welle, aber von Zeit zu Zeit, wenn ich in die Pyrenäen fliege, wäre es schön eine zu haben.

Wir haben schon viele Wünche anderer Piloten dazu, und wir arbeiten daran. Wie üblich braucht es Zeit, bis ein Produkt fertig ist, mit dem wir wirklich glücklich und zufrieden sind. Wir können also nicht sagen, wann es verfügbar sein wird, aber wir arbeiten daran.

Also, was ist nun der Plan für dieses Jahr… wenn die Einschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19 bis Juli aufgehoben werden?

Ludo: Letzten Sommer waren wir in ja nur in Frankreich unterwegs. Wir hatten eine Vorstellung von den verschiedenen Vereinen und Flugplätzen, die wir besuchen wollten. Wir schafften es in 8 Tagen, während wir geplant hatten, es in zwei Wochen zu tun. Nun, wir hatten tolles Wetter, aber alles in allem ist es so gut gelaufen… Im Sommer 2020 wollen wir uns wieder zwei Wochen gönnen, aber warum versuchen wir dann nicht, ein bisschen weiter zu fliegen, wenn das Wetter gut ist und wir es tun dürfen? Wir waren zum Beispiel noch nie in Spanien. Wir haben davon geträumt: Andere Piloten erzählen uns von den großartigen Bedingungen dort. Warum also nicht die Pyrenäen überqueren und nach Spanien fliegen, um die hohen Wolkenbasen zu nutzen? Das ist eine erste Idee. Und dann, abhängig vom Wetter und dem COVID, warum nicht einen kleinen Ausflug nach Deutschland machen? Also ja, warum nicht eine „Tour de France“, aber auch außerhalb?…

Clément: Heute haben wir also noch keinen klaren Plan, wo es hingeht. Aber wir haben den Wunsch, den Wandersegelflug ein wenig weiter zu treiben als letztes Jahr, soweit ist uns das klar. Und natürlich versuchen wir, viele großartige Erfahrungen und Abenteuer zu erleben, die wir während und nach dem Flug teilen und erzählen können.

Ludo: Also ja, nichts Geplantes, aber der Wunsch, weiter zu fliegen. Wenn alles gut geht, werden wir ein sehr schönes Segelflugzeug haben, das uns helfen wird, aber es ist noch nichts unterschrieben.

Was meint Ihr damit?

Clément: Wir sprachen mit Schempp-Hirth, und wir können vielleicht ihren Discus2c-FES nutzen. Das wäre super cool.

Ludo: Das wäre super weil es die Wahrscheinlichkeit einer Außenlandung verringert. Wir können längere Flüge planen. Und wir können auf bestimmten Etappen den Anhänger mal stehen lassen. Es wäre gut, diesen für zwei oder drei Tage loszuwerden.

Clément: Ja, der FES wird es uns ermöglichen, unseren Horizont zu erweitern. Er wird uns ein neues Feld von Möglichkeiten eröffnen: dort zu fliegen, wo wir nicht landen können oder einfach Bereiche „überspringen“ zu können, in denen die Luftmasse „tot“ ist. Es wäre großartig, wenn sich das bestätigen würde.

Ludo: Aber das Ziel wird immer noch sein, den Motor nicht anzuschalten!

Möchten Ihr etwas hinzufügen?

Clément: Wenn einige Leute daran denken, das Wandersegelfliegen auszuprobieren… Auf den ersten Blick gibt es viele Zwänge, die einen einengen. Aber man darf sich selbst dazu ermächtigen, denn es ist ein anderes Erlebnis als Segelfliegen in einem Verein oder bei einem Wettbewerb. Es ist wirklich erstaunlich!

Wir drücken Euch die Daumen, dass Ihr Eure „überdimensionale Tour de France“ in diesem Jahr bestreiten könnt. Und wir sind stolz darauf, Euch zu unterstützen. Nochmals vielen Dank für das Interview und dafür, dass Ihr Eure Segelflugabenteuer hier mit uns teilt.

Das Abenteuer der beiden jungen Franzosen könnt Ihr verfolgen auf Facebook und Instagram!