Fast 600 km mit 232 km/h OLC speed
Bernd Goretzki und Reinhard Schramme sind fast 600 Kilometer mit einer Schnittgeschwindigkeit von 232 km/h geflogen. Wahrscheinlich einer der schnellsten Thermikflüge überhaupt!
Bernd ist nicht nur für seine großartigen Langstreckenflüge bekannt. Er ist amtierender OLC Vize-Europameister 2019 mit 8 Flügen über 1.000 km in Europa 2019! Es gibt in unserem Blog bereits lesenswerte Artikel über diese erfolgreichen Flüge. Im November war Bernd erneut in Namibia – genauer in Bitterwasser – um dort mit einem anderen außergewöhnlichen Piloten EB28 zu fliegen: Reinhard Schramme. Reinhard ist einer der erfolgreichsten deutschen Wettbewerbspiloten und aktueller OLC Vice-Champion im OLC weltweit. Die beiden sind nicht nur unterschiedliche Piloten, sie sind vor allem Freunde und genießen das gemeinsame Fliegen. Wir können also sagen, die EB war in den Händen von Experten. Nach drei Tagen in Bitterwasser waren bereits 3.300 km absolviert. Die Woche hatte also erfolgreich mit gutem Wetter begonnen. Sie waren dabei nicht die einizigen, die den guten Saisonauftakt nutzten. Schon am Montag (04.11.2019) wurden zehn 1.000er erflogen – in Namibia und Südafrika. Der heutige Artikel widmet sich allerdings nicht den Langstreckenflügen, sondern vielmehr dem Hochgeschwindigkeitsfliegen. Am Dienstag, den 05.11.2019, erflogen die beiden in der OLC Geschwindigkeitswertung 581 km mit einem Schnitt von 232 km/h. Dieses dürfte einer der schnellsten Segelflüge gewesen sein, der je rein thermisch unter Cumili geflogen wurde.
An jenem Dienstag war die allgemeine Wettersituation sehr vielversprechend und es deutete sich eine gut strukturierte Konvergenzlinie im Osten von Bitterwasser an.
Eine Konvergenz bildete sich am Zusammenfluss zweier Luftmassen. In diesem besonderen Fall war die östliche Luftmasse in Botswana oder Sambia mit (latenter) Energie angereichert worden und wanderte mit der subtropischen Zirkulation weiter in den Südwesten. Die andere im Westen war die Luftmasse der Kalahari-Halbwüste, die angeregt durch die Namib-Zirkulation mit einer südwestlichen Strömung einfloss.
Diese Situation ergibt sich durch das Ende der trockenen Konvektionszeit in Sambia und Botswana in dieser Jahreszeit. Hohe Wolkenbasen (>6.000m MSL) treten in dieser Region von September bis Anfang November auf. In den Satellitenbildern und Thermiksimulationen zeigten sich auch in diesem Jahr in dieser außenlandefeindlichen Gegend wieder die schönsten Segelflugbedingungen. In Kombination mit der ersten Feuchtigkeit der Regenzeit, die sich nun vom Äquator kommend bis Januar in die südwestlichen Regionen Nambias ausbreitet, wurde die Luft mit Energie (trocken labile Schichtung plus latenter Kondensationswärme durch die Feuchtigkeit) gefüllt. Die homogene Luftmasse und gleichförmige topographische Struktur über der Kalahari initiierte die Konvergenz an diesem besonderen Tag als lineare Struktur. Diese war über 1.500 km lang, reichte bis weit nach Südafrika und bestand mehrere Stunden lang .
Als Bernd und Reinhard in der Windprognose die Entwicklung einer Konvergenzlinie sahen, die gut 100 km von Bitterwasser entfernt entstehen sollte, wussten sie, dass es ein guter Tag für einen reinen Speedflug werden würde. Die Vorhersagen zeigten auch, dass sich die Konvergenz am späten Nachmittag verstärken würde. Dieses deutete darauf hin, dass eine „Geschwindigkeitsaufgabe“ besser an das Wetter angepasst war, als eine Streckenaufgabe.
Sie starteten und erreichten kurz vor 15 Uhr Lokalzeit (13:00 UTC) das Gebiet, in dem die Konvergenz erwartet wurde. Bei der Aufgabe, die Konvergenz optimal zu nutzen, half ihnen das neueste Satellitenbild in der TopMetSat-App
Mit diesen Informationen konnten sie direkt in den besten Sektor der Linie einsteigen. Dort kreisten sie ihren letzten Aufwind für die nächsten 580 km. Nach dem TopMetSat-Satellitenbild, beschlossen sie, zuerst in den NNW-Sektor zu gehen, wo die Konvergenzlinie besser organisiert war. Dann folgten sie „einfach“ dieser Aufreihung von Aufwinden und kehrten um, als die Bedingungen „schwächer“ wurden. Mit dieser Strategie absolvierten sie vier Etappen von jeweils 75, 170, 185 und 150 Kilometern, wobei sie nur 600 Meter auf insgesamt 580 Kilometern verloren.
Eine der wichtigsten Entscheidungen war es, im nördlichen Teil der Konvergenz zu bleiben, die auch im Satellitenbild besser aussah. Tatsächlich bestätigt ein kurzer Vergleich mit den anderen OLC-Flügen von diesem Tag, dass es wirklich das beste Gebiet war, um schnell voran zu kommen. Zum Beispiel haben Olivier Darroze und Christian Lampert einen tollen Flug von 1.160 km absolviert:
Als die beiden Franzosen bei ihrem Streckenflug am Nachmittag zurück in die Gegend kamen, in der Bernd und Reinhard die Konvergenz entlang rasten, zeigte auch ihre Spur, dass die Bedingungen dort besser waren. Um aber einen großen Streckenflug zu meistern, gingen sie etwas weiter in der Linie nach Norden als Bernd und Reinhard und wurden dabei leicht ausgebremst. Grundsätzlich ist zu erkennen, dass sie jeweils rund 1.000 Meter verloren haben, als sie in der Konvergenz weiter geflogen sind (grüne und orange Pfeile) als unsere EB28-Piloten.
Gratulation an die beiden Rennpiloten! Und zu guter letzt noch das Zitat des Tages von beiden: “Auch Opas können Spaß haben”!