Interview mit Dr. Bernd Goretzki: OLC-Europameister 2020
Bernd, Mitbegründer von TopMeteo, ist Europameister im OLC-Plus-Wettbewerb. Im Jahr 2020 sammelte er in sechs Flügen 7.078,17 Punkte, wobei der „kürzeste“ Flug mehr als 1.100 km betrug. Und das alles in Europa. Lasst uns sehen, was er uns über die diesjährigen Flüge zu berichten hat.
Herzlichen Glückwunsch zu deinem OLC-Europameistertitel! Kannst du uns etwas mehr über deinen besten Flug in diesem Jahr erzählen?
Bernd: Vielen Dank für die Glückwünsche. Fünf der sechs Flüge, die in die Wertung eingingen, wurden ja in Spanien geflogen. Aber erstaunlicherweise fand der punkthöchste Flug in Deutschland statt. Und dieser Tag sah anfangs gar nicht nach einem Riesenflug aus. Aber dazu gleich. Ich sollte vielleicht vorwegschicken, dass mein Geschäftspartner Jon Meis und ich schon länger auf der Lauer lagen, mal ein paar Tage in Folge im Fläming zusammen zu fliegen und dann abends über die Flüge in meteorologischer Hinsicht zu diskutieren. Anfang Juli, genauer am 8. oder 9. Juli war es dann soweit und die Vorhersagen boten die Aussicht, dass es sich für Jon lohnen könnte, vom Alpenrand Richtung Berlin aufzubrechen. Die drei Tage 11., 12. und 13. Juli waren meteorologisch sehr ähnlich und versprachen Flugspaß pur. Ein Hochkeil lag mitten über Deutschland, ohne sich groß zu bewegen, und schaufelte jeden Tag aufs Neue frische, anfangs noch etwas feuchte Luft von der Nordsee her ins Land. Das bedeutete für uns im Osten, immer früh starten zu können bei großer Tageslänge. Tatsächlich hatte ich dann das Glück, dreimal in Folge ein Tausender nach Hause zu bringen, was für die Region Deutschland sicher nicht typisch ist. Nun zum Tag selbst. Er fing eigentlich nicht sonderlich schnell an. Die Basis war zwar von Anfang an über 1000 m, aber das Steigen kaum zu zentrieren. Es ging nach Nordwesten gegen den Wind, was die Sache nicht besser machte. So entschlossen wir uns irgendwann, als dann auch die Sicht schlechter wurde und es schon fast nach Nordsee roch, umzudrehen und mit Rückenwind zu fliegen. Und da kurbeln nichts brachte, haben wir das auch möglichst sein gelassen. Erstaunlich, wie schnell man manchmal mit moderaten Vorfluggeschwindigkeiten sein kann, wenn man denn halbwegs tragende Strukturen abfliegen kann. In Polen änderte sich die Struktur der Luftmasse, sie wurde klar und dann lief es auch. Am Ende waren es dann 1.160 km.
Fünf Deiner besten Flüge kamen aus Spanien. Guy Bechtold, Vize-Europameister, hatte dort zeitgleich auch seinen besten Flug. Wie war das Wetter?
Bernd: Stichwort Guy. In Spanien hatte ich das große Glück, mit Guy zusammen fliegen zu dürfen. So haben wir uns auch mal vor vielen Jahren kennengelernt. Und um ehrlich zu sein, eigentlich gehört ihm Titel und Ehre. In Spanien kann man von Guy unendlich viel lernen. Er kennt sich dort aus wie in der sprichwörtlichen Westentasche. Das Schöne war, dass wir jeden Tag etwas für mich Neues versuchten. Ich wollte vor allem neue Gegenden kennerlernen, auch wenn das Wetter dort vielleicht nicht ganz so granatenmäßig aussah. So konnten wir auch mal einen Blick auf den Atlantik werfen oder so weit südlich von Madrid fliegen, wie ich vorher nie war. Und dass man dabei auch noch ordentlich Punkte einfahren konnte, war schon ein glücklicher Umstand. Natürlich zählt auch eine gute Vorhersage dazu und auch der Empfang von Satellitenbildern im Flug. Wie Du ja weisst, stellen wir die Bilder selbst her und haben sie, soweit das geht, auf gute Lesbarkeit im Cockpit bei voller Sonne optimiert. Im Moment optimieren wir die Übertragung der Daten. Man darf gespannt sein, kann ich verraten. Das Wetter selbst ist in Spanien meist grundsätzlich anders als das, was ich so bei langen Strecken in Deutschland gewohnt bin. Es geht morgens später und zäher los. Man muss Geduld haben. Dafür geht es dann abends umso länger und der Sunset ist tatsächlich manchmal eine Bremse. Zumindest für Guy, der jede Minute auskostet. Das Wetter in diesem Jahr war aber auf jeden Fall überdurchschnittlich. Es gab viele Tage, die Strecken über 1.000 km erlaubten oder für die Speed-Enthusiasten paradiesische Zustände brachten.
Du bist im Sommer fast regelmäßig ein oder zwei Wochen in Spanien unterwegs. Wie ist es, dort zu fliegen (Flugplatz, Luftraum, Gelände, Außenlandung) ? Hast du Tipps für Piloten, die dort fliegen möchten?
Also ich kann Spanien nur empfehlen. Das Zentrum Fuentemilanos liegt nördlich von Madrid etwas höher, so dass es nicht ganz so heiß wird. F-Schlepp und Unterkunft sind kein Problem, vielleicht muss man etwas mit dem Auto fahren. Selbst zu Corona-Zeiten lief alles sehr geschmeidig. Aber die Spanier sind extrem vorsichtig und so gab es mit den Restaurants manchmal Engpässe. Der Nachbarplatz Villacastin ist beschaulicher und man braucht hier einen Eigenstarter. Aber beide Plätze sind gleich gut an der Rennstrecke gelegen, die sich regelmäßig als Konvergenzlinie vor oder über dem Gebirge manifestiert. Es gibt weitere Gebiete mit Konvergenzlinien wie zum Beispiel im Osten bei Teruel oder südlich von Madrid in den Toledobergen. Damit es nicht langweilig ist, gibt es auch die Gredos, wo die Bergspitzen auf über 2500 m reichen. Außenlanden ist fast überall problemlos möglich, aber Richtung Portugal und in den Bergregionen muss man schon ein bisschen aufpassen. Das muss man auch mit dem Luftraum. Nördlich von Madrid ist das bisweilen störend oder sagen wir besser, es könnte schöner sein.